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Bei den Recherchen für meinen vorigen Post bin ich auf den Dichter Karl Lappe gestoßen. Der Name war mir bis dato nicht bekannt - umso erstaunter war ich, als ich über sein Leben saß. Ein Dichter aus der "vorpommeranischen Provinz", dessen Werke zum Teil von den Großmeistern Ludwig van Beethoven und Franz Schubert vertont wurde? Unglaublich! Da sein Schaffen sicherlich nicht nur an mir, sondern auch anderen vorbei gegangen ist, wollte ich ihm auf meinem kleinen Blog wieder zu etwas Aufmerksamkeit verhelfen. Folgen wir also der Spur seines Lebens von Anfang an...
Der Pfarrerssohn aus Wusterhusen
Wusterhusen hat trotz aller Ähnlichkeit keinen Bezug zum bekannteren Königs Wusterhausen, das in Brandenburg liegt. "Unser" Wusterhusen befindet sich mitten im vorpommerschen Land zwischen der Hansestadt Greifswald und Wolgast. Wie es zur ähnlichen Bezeichnung kommt? Beide Orte bekamen ihren Namen aufgrund der lokalen Gegebenheiten. Er fußt auf dem slawischen "Wostrose", was so viel wie "von Palisaden umzäuntes Gebiet" bedeutet. Möglicherweise bezieht es sich auf eine heidnische Burg oder Kultstätte, die hier einst stand. Es ist einer der ältesten Ortsbezeichnungen im ganzen Land Mecklenburg-Vorpommern.
In dieser beschaulichen Landschaft, damals Schwedisch-Vorpommern genannt, erblickte am 24. April 1773 Karl Gottlieb Lappe als jüngster Sohn des örtlichen Pfarrers das Licht der Welt. Über die Mutter und die Kindheit ist nicht viel bekannt. Der Frieden der Kindheit fand ein jähes Ende, als bereits 1780 Lappes Vater starb.
Im selben Jahr begann die Schulzeit in der Stadtschule Wolgast, die bis 1790 andauerte. Unter dem Rektor Ludwig Gotthard Kosegarten lernte nicht nur Karl Lappe, sondern auch einige Jahre später Philipp Otto Runge, der zu einem der bedeutendsten Maler der deutschen Frühromantik avancierte. Die Wege von Karl Lappe und Kosegarten sollten sich später auf der Insel Rügen erneut kreuzen.
Student in Greifswald, Lehrer auf Rügen
Ab 1790 studierte Karl Gottlieb Lappe an der Universität der Hansestadt Greifswald die Fächer Theologie, Philosophie und Philologie. Hier lernte er Ernst Moritz Arndt kennen, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband. Arndt wurde während der Zeit der Napoleonischen Kriege einer der bekanntesten demokratisch-nationalistischen Schriftsteller, der gegen den französischen Kaiser schrieb. Lappe selbst tat dies später auch - nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft bekam er sogar den Beinamen als "Vaterländischer Freiheitssänger".
Nach Beendigung des Studiums zog Karl Lappe auf die Insel Rügen. Dort verdingte er sich als Hauslehrer bei seinem ehemaligen Rektor in Altenkirchen, der dort mittlerweile als Pfarrer wirkte. Während dieser Zeit lernte er die in Gustow geborene Ulrica kennen. Diese Bekanntschaft mündete in einer langen Ehe, die sehr harmonisch verlaufen soll - Zeuge dieser beidseitigen Harmonie sind zahlreiche 'glückliche', positive Gedichte.
Stralsund - Lehrer Lappe wird Dichter
Im Jahre 1801 zog Karl Lappe nach Stralsund, wo er eine Anstellung am städtischen Gymnasium fand. Dort war jeder Tourist und jeder Stralsunder sicherlich auch schon mal: es saß nämlich im Katharinenkloster, in dem sich heute Stralsund- und Meeresmuseum befinden. Um seine Schüler mit gutem Material versorgen zu können, gab er für sie sein 'Poetisches Magazin' heraus.
Bald stand die Zeit ins Haus, in der sich Napoleons Truppen durch ganz Europa siegten. In vielen Regionen erhoben sich Stimmen gegen die Besatzungen - so auch die von Ernst Moritz Arndt und Karl Lappe. Mit seinen patriotischen Gedichten erlangte Lappe nun große Bekanntheit weit über die Grenzen von Schwedisch-Vorpommern hinaus. 1815 lag der Kontinent in Trümmern und er wurde auf dem Wiener Kongress neu aufgeteilt. Stralsund wechselte die Zugehörigkeit: Aus Schwedisch-Vorpommern wurde das nun zur preußischen Krone gehörende Neu-Vorpommern. Zwei Jahre später ereilte Karl Lappe eine schwere Krankheit, die ihn zur Aufgabe des Lehrerberufes zwang.
Vollzeit-Dichter auf dem Dorfe
Karl Lappe zog aus der Stadt Stralsund aufs Land in das kleine Dorf Pütte. Er bezog mit seiner Familie ein Haus und widmete sich ganz der Schriftstellerei. Was für viele Poeten, das war damals nicht anders als heute, immer ein großer Traum blieb, war Karl Lappe vergönnt: er war so bekannt, dass er von seiner Kunst leben konnte. Im selben Jahr komponierte Ludwig van Beethoven die Vertonung seines Gedichtes "So oder so". Doch nicht nur der Großmeister aus Bonn, sondern auch Franz Schubert nahm verschiedene Gedichte von Karl Lappe als Grundlage seiner Kompositionen ("Im Abendrot", "Der Einsame", "Flucht"). Doch war diese Bekanntheit vermutlich nicht ganz frei von Kontroversität, sodass neben vielen Verehrern auch der eine oder andere Feind unter den Menschen war. Einer davon ging so weit, dass er das Haus in Brand steckte, in dem Familie Lappe lebte. Alle seine bisher im Selbstverlag erschienen Werke, seine großzügig ausgestattete Bibliothek - alles ein Raub der Flammen. Ernsthaft verletzt wurde glücklicherweise niemand.
Der vor den Ruinen ihrer Existenz stehenden Familie kam immense Hilfe aus der Bevölkerung zuteil. Spendenaufrufe für den beliebten Heimatdichter führten dazu, dass er sein Heim wieder errichten konnte. Während dieser Jahre in Pütte durchwanderte Lappe viele Regionen seiner Heimat. Viele der Eindrücke, der er in dieser Zeit sammelte, verarbeitete er zu Gedichten, regelrechten Liebeserklärungen an seine Heimat. Insbesondere Rügen hatte es ihm offensichtlich sehr angetan.
Gründung der "Sundine"
Mitte der 1820er-Jahre gründete Lappe zusammen mit befreundeten Dichtern der Region die "Sundine - Unterhaltungsblatt für Neu-Vorpommern und Rügen" (ganze Ausgabe hier einsehbar). Eine schillernde Figur unter ihnen dürfte der ehemalige Gendarmerieleutnant Friedrich Joachim Philipp von Suckow sein, der als Deserteuer gesucht und 1833 plötzlich über Berlin und München nach Griechenland fliehen musste. Bereits 1834 war er zurück und wurde nach sechsmonatiger Festungshaft in Stettin wieder entlassen. Bis 1844 wirkte er in der "Sundine".
Das war bereits ein Jahr nach dem Tode Karl Lappes. 1843 verstarb er und wurde auf dem Stralsunder Frankenfriedhof beigesetzt. Auf seinem Grabstein wurde ein Zitat aus "So oder so" eingraviert: "Schlaf oder Tod, hell strahlt das Morgenroth". Die Pflege der Ruhestätte übernahm die Freimaurer-Loge "Sundia zur Wahrheit", deren Mitglied der Dichter über viele Jahre hinweg war. Nach 117 Jahren war damit allerdings Schluss: 1960 wurde das Grab aufgelöst.
Was bleibt?
Das literarische Werk des Romantikers aus Vorpommern geriet mit den Jahren in Vergessenheit. Auch "So oder so" ist unter den grandiosen Werken Beethovens auch eines, das eher Kennern vorbehalten blieb. So kam es dann, dass nie eine breite Karl Lappe-Rezeption entstand, die ihn im kollektiven Gedächtnis gehalten hätte. Einzig eine Straße im Dorf Pütte trägt bis heute seinen Namen.
Trotzdem gibt es in der ganzen Region Initiativen, die sich seinem Andenken widmen. In seinem Geburtsort Wusterhausen wurde vor einigen Jahren eine Dauerausstellung eröffnet, die sich Lappes Leben und Werk widmet. Sie liegt auf der Route der Norddeutschen Romantik, die sich über 54km von der Hansestadt Greifswald nach Wolgast erstreckt. Hier tauchht der Besucher in das Leben und Werk der aus Vorpommern stammenden Romantiker Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge und Friedrich August von Klinkowström und eben Lappes selbst ein. Außerdem wurde im Jahre 2011 von Klaus-Dieter Salewski und Ingo Gudusch der Karl-Lappe-Verlag gegründet, der sich mit seinen Veröffentlichungen (ganz in der Tradition des Heimatdichters) der Geschichte, Kultur und natürlich der Landschaft Vorpommerns verschrieben hat. In den vergangenen Jahren gab es hin und wieder Lesungen und szenische Darstellungen seiner Werke, die in der Region stattfanden.
Vielleicht konnte ich ja auch mein Scherflein dazu beitragen, Karl Lappes Werk wieder in das Bewusstsein zu holen. Dieser Blogpost wird bestimmt nicht der letzte sein, der sich mit ihm beschäftigt - sein Schaffen birgt einfach zu viel auch fotografisch umsetzbare Inspiration, als dass es mit einer bloß biographischen Darstellung getan wäre.
Wie sieht es bei euch aus - interessieren euch die Biographien der historischen Persönlichkeiten aus Vorpommern? Wenn ja, lasst es mich in den Kommentaren wissen und wir erweitern gemeinsam unseren Horizont.
Bis zum nächsten Mal und bis dahin alles Gute!
Felix
HEIMATLICHT:MV
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Heike Schäffner (Mittwoch, 08 September 2021 07:59)
Ulrica Lappe ist nach dem Tod ihres Mannes Karl nach Greifswald gezogen und dort auch gestorben. Ihr Grabkreuz steht noch auf dem Alten Friedhof, leider in desolate Zustand.